Ezekiel lebte in Bilbao (Spanien), bevor er mit seiner Familie nach Birmingham (England) zog. Als Rechtsaußen und Stürmer nahm er sich damals Kameruns legendäre Nummer 9 Samuel Eto'o zum Vorbild. Die Leidenschaft für das runde Leder brachte er mit, als er mit 17 mit seiner Familie in Wolverhampton ankam und dann nach Birmingham weiterzog. Er schloss sich erst Solihull Moors an, dann spielte er bei den Stafford Rangers und schließlich für Darlaston Town. Das ist in den Midlands nicht ungewöhnlich. Wenn Birmingham dein Zuhause ist. Wenn du Ezekiel bist. Wenn du eines der Kids bist, die er unter der Woche trainiert. Sie alle haben Wurzeln in anderen Ländern, beispielsweise in Somalia, Nigeria, Jamaika, den Niederlanden oder der Schweiz. Ezekiels Eltern kommen aus Ghana.
Diese Stadt ist ein Schmelztiegel. Hier treffen eine Menge Kulturen und Menschengruppen aufeinander, die sich zurechtfinden müssen. Fußball bringt sie zusammen. Fußball gibt ihnen Hoffnung.
Die Stadt braucht Hoffnung. Jugendarbeitslosigkeit ist in Birmingham schon lange ein Problem. Nach der Pandemie wurde alles noch schlimmer. Im Februar 2020 lag sie bei 6,3 %¹. Bis April 2021 war schon jeder fünfte junge Mensch ohne Job. Wir haben hier eine Generation, die schwer unter diesen dunklen Tagen zu leiden hatte.
Es gibt aber ein paar Lokalhelden, die sich gegen die negativen Entwicklungen stemmen.
Ezekiel arbeitet mit Sport 4 Life UK zusammen. Die in Birmingham ansässige Hilfsorganisation kämpft mit Sport – hauptsächlich Fußball – gegen die Jugendarbeitslosigkeit an. Das Ziel dabei ist, die jungen Leute dauerhaft in Arbeit und Bildung zu bringen. Die Organisation ist schon ziemlich lange direkt dran an den Menschen und versucht als „Gamechanger“ an der Basis etwas zum Besseren zu verändern. Zusammen mit Common Goal und adidas zeigt Sport 4 Life, dass Fußball mehr ist als das, was auf dem Platz passiert.
Die Trainer und die Betreuer helfen den jungen Leuten, ihre Stärken zu entdecken und auf eine bessere Zukunft hinzuarbeiten.
Ezekiel und andere Trainer von Sport 4 Life UK betreuen in zahlreichen Stadtteilen Birminghams über den Fußball die Kids, beispielsweise im nordöstlichen Stadtteil Nechells. Oder in Hodge Hill im Osten. In Nähe der Schulen in Oldbury. Oder am Freitag Abend in der Power League in Aston, wenn bis zu 50 Teenager unter Flutlicht dem Ball nachjagen.
Ezekiel hörte von Sport 4 Life UK, als er an der Uni Sportwissenschaften studierte. Ende letzten Jahres stieß er als Freiwilliger dazu und versuchte, bei möglichst vielen Trainings dabei zu sein. Inzwischen arbeitet er bei „The Step Together“, einem Projekt von Sport 4 Life UK. Sein Job bedeutet, dass er auf den Straßen unterwegs ist und Kinder auf dem Heimweg von der Schule begleitet oder die, die auf Abwege geraten könnten, zu den Trainings in der Gegend einlädt.
Er ist im Großen und im Kleinen Teil einer Organisation, die den jungen Menschen Birminghams zu einer besseren Zukunft verhelfen möchte.
Der wichtigste Termin ist im Vorort Aston. Die Abende sind stadtbekannt. Eigentlich geht es um 5 los, aber in der Regel trudeln die Teenager erst eine halbe Stunde später ein. Sie kommen aus ganz Birmingham, ob Smethwick, Erdington, Handsworth oder Perry Barr. An manchen Abenden stehen um die 50 von ihnen auf dem Platz. Nachdem Ezekiel die Teams zusammengestellt hat, beginnt ein kleines Turnier, bei dem es darum geht, als erstes Team zwei Tore zu erzielen oder nach 5 Minuten gegen einen anderen Gegner anzutreten. Birmingham hat eine der vielfältigsten Bevölkerungsstrukturen Englands. Die meisten Kids auf dem Platz sind dunkelhäutig oder haben asiatische Wurzeln. Deshalb ist es sinnvoll, dass sie von dunkelhäutigen Trainern angeleitet werden, weiß Ezekiel zu berichten.
„Ich glaube, sie fühlen sich damit wohler, weil wir verstehen, was sie bewegt. Wir haben das auch mitgemacht ... Wir wissen, wie es ist, dunkelhäutig oder asiatisch zu sein ... Deshalb fühlen sie sich bei uns wohler.“
Der Fußball und eine Trainertätigkeit können einem Leben eine andere Richtung geben, besonders dann, wenn man sich mit seinem Mentor identifizieren kann. Ezekiel – oder Zeeks, wie er von allen genannt wird – und einige andere Trainer sind in eine Vorbildrolle hineingewachsen. Sie sind da, wenn die Teenager Rat brauchen. Sie sind da, wenn sie über die Schule oder die Uni sprechen wollen. Wer eine halbe Stunde früher da ist, kann bei den Schuss- und Passübungen mitmachen. Es ist hier eine Fußballfamilie mit Jungs aus der Gegend. Zusammen strengen sich alle an, um konkret etwas zu bewirken. Der Fußball ist nur die Grundlage. Der Ball das Werkzeug, das jungen Leuten hilft, sich in der Arbeitswelt zurechtzufinden (und nicht auf die schiefe Bahn zu geraten) oder ihre Träume von der Welt des Fußballs zu verwirklichen.
Zeeks möchte als Teil von Sport 4 Life junge Leute dabei unterstützen, von Birmingham aus ihren Weg zu gehen und ihre Ziele zu verwirklichen.
Als er einmal auf dem Platz nebenan Nachwuchstrainer von Birmingham City erkannte, sprach er den Chef von ihnen an, erzählte von Sport 4 Life UK und den vielversprechenden Talenten bei ihm und wie schade es ist, dass sie nicht in einer Mannschaft spielen. Der Cheftrainer sagte daraufhin, dass sie zu einem Probetraining kommen können, und wenn sie gut genug sind, in die Akademie aufgenommen werden. Als Zeeks den Jungs davon erzählte, waren sie total aufgeregt. Diese kleine Geschichte verrät viel darüber, wie er zu den Jungs steht und wie er sich für sie einsetzt. Sie haben in ihm ein Vorbild, das aussieht wie sie, das auf den selben Straßen unterwegs war und den Weg gegangen ist, den sie eingeschlagen haben. Kleine Taten wie diese rücken das unmöglich Erscheinende der Realität näher.
„Das Training macht ihnen dann mehr Freude. Es wirkt befreiend auf sie und sie sind dann uns gegenüber offener.“
Mukhtar (16) aus Ward End kam aus dem Sudan über Toulouse nach Birmingham und ist jetzt eine der Stützen der Abende in Aston. Er erinnert sich, wie schwer es zu Beginn war. Viele waren älter als er, manchmal traute er sich nicht, den Ball zu fordern oder einen Trick auszuprobieren. Über die Monate öffnete er sich jedoch, glaubte mehr an sich selbst und die Fähigkeiten, die er auf den Platz bringt.
„Die wissen, dass ich jetzt da bin ...“
Souleyman aus Erdington ist ein weiterer regelmäßiger Freitagsgast. Seine Eltern kommen aus Benin. Bevor er nach Birmingham kam, wuchs er in Österreich auf. Auch er ist einer von vielen Immigranten der ersten oder zweiten Generation.
„Beim Fußball kann ich Stress abbauen ... Alles, was mich belastet, kann ich beim Fußball verarbeiten.
Als er in Schwierigkeiten kam, setzten sich die Trainer mit ihm zusammen.
„Die haben sich ernsthaft mit mir unterhalten ... Nicht so, als wäre es ihnen letztendlich egal – denn ich war ihnen wichtig. Sie nahmen sich die Zeit und sprachen mit mir über alles. Ab da begann ich mich zu verändern.“
Die Trainings sind ein sicherer Rückzugsraum. Das ist eine der Veränderungen, über die sich Ezekiel am meisten freut. Wenn bei den über ganz Birmingham verteilten Trainings Jungs aus unterschiedlichen Kontinenten auf Kunstrasen der fünften Generation zusammenkommen, werden Lebenswege geprägt.
„Sie kommen her, um Bildungsstress zu vergessen, um Spaß zu haben und neue Freunde kennenzulernen.“
Ezekiel möchte weiterhin für Sport 4 Life UK arbeiten. Die Arbeit ist für ihn zur Leidenschaft geworden und erfüllt ihn mit Sinn. Seine Abschlussarbeit hat Sport 4 Life UK zum Thema. Nach dem Studium möchte er mit einer Vollzeitstelle weitermachen und Kids, wie er selbst einmal eines war, auf den rechten Weg bringen Richtung Bildung oder Sport oder was auch immer ihre Träume sind. Wenn Lokalhelden in einer Stadt an einem Strang ziehen, trotzen sie den pandemiebedingten Rücksetzern und zeigen, dass die Zukunftsaussichten für junge Menschen in Birmingham vielversprechend sind.